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Die Schi'ah und rationales Denken

Die Schi'ah und rationales Denken

Von: Ayatollah Motaharie

Bester Beweis dafür, daß zu Zeiten Imam Sādiqs (a.s.) auch die rationalen Wissenschaften zum Erblühen kamen, ist daraus zu ersehen, daß in sämtlicheh Haditschriften Ahl-Tassanuns - in Sahih Bukhāri, Sahih Muslim, Ğāma' Tirmidi, Sunan Abu Dāwud und Sahih Nassā'ī - nur Themen behandelt werden, die die islamischen Weisungen betreffen. Beispielsweise; Wie ist die "Wudu"82 vorzunehmen, wie das Gebet zu verrichten, wie sehen die Fastenbestimmungen aus, wie sind die Regelungen zu "Hağ" und "Ğihād" ? Oder aber: Wie verhielt sich der Prophet, wie ging er vor, wie ist seine "Sunna" 83, wie ging er auf der und der Reise vor...

Wenn wir jedoch in die Haditwerke Ahl-Taschayyuhs hineinsehen, stellen wir fest, daß das erste Kapitel in ihnen "rationales Argumentieren und Diskutieren" betrifft - "Kitāb al Aql wa 1 Ğahl"

In den Büchern Ahl-Tassanuns ist derlei nicht zu finden.

Damit will ich nicht sagen, daß all dies auf Imam Sādiq (a.s.) zurückzuführen ist, denn die Wurzel hierfür ist bei Amir al Mu'minān Ali (a.s.) zu suchen, und der eigentliche Ausgangspunkt ist der Prophet selbst. Aber die Imame haben das, was er begann, fortgesetzt. Und da zu Zeiten Imam Sādiqs die Voraussetzungen dazu gegeben waren, hat er das Erbe seiner Väter fördern können.

Dann, nach dem Kapitel "Al Aql wa 1 Ğahl", folgt das Kapitel "Al Tawhid". Und in ihm gibt es über und über Erklärungen zu dem Thema "Eigenschaften Gottes, göttliche Allerhabenheit, "Qadā wa Qadar" (göttliche Vorsehung, Bestimmung) Willensfreiheit oder -unfreiheit, logisches bzw.

82  Wudu: Gebetsreinigung

83  Vorgehen, Tradition des Propheten

 

vernunftsmäßiges Erkennen, Einsicht und und und. Auch derlei wird in den Werken Ahl-Tassanuns nicht erörtert.

Das alles führte jedenfalls dazu, daß es allgemein heißt: Der erste, der in der islamischen Welt für in Ratio und Vernunft fußende Schulen sorgte, war Imam Ğa'far Sādiq (a.s.).

Ğābir Ibn Hayyān

Was man vor noch gar nicht so langer Zeit festgestellt hat, ist folgendes:

Da gibt es in der islamischen Geschichte einen Mann namens "Ğābir Ibn Hayyān", auch seitens einiger als "Ğābir Ibn Hayyān Sufī" bezeichnet. Er zählt zu jenen, die Popularität gewannen. Ibn un Nadim erinnert in seinem "Al Fehrest"84 an Ğābir Ibn Hayyān und schreibt ihm circa einhundertfünfzig Schriften und Bücher zu. Diese Werke sind zumeist wissenschaftlich-sachkundlichen Inhalts und behandeln Themen wie beispielsweise "Chemie" und "Handwerk und Gewerbe".

Ğābir Ibn Hayyān wird als Vater der Chemie schlechthin bezeichnet. Wie Ibn un Nadim kundtut, war Ğābir Ibn Hayyān ein Schüler Imam Ğa'far s Sādiqs (a.s.).

Ebenfalls Ibn Khallakān85 - auch er war Sunnit - erwähnt Ğābir Ibn Hayyān und sagt: Er befaßte sich mit der Chemie, war Chemiker und Schüler Imam Sādiqs.

Auch andere berichten und bestätigen dies.

Hierzu muß man wissen, daß vor Ğābir Ibn Hayyān die Wissenschaft Chemie in der islamischen Welt noch völlig unbekannt war. Bis dann mit einem Male ein Mann namens Ğābir Ibn Hayyān, ein Schüler Imam Sādiqs, kam und viele Abhandlungen zu alchemistischen Themen schrieb, von denen etliche heute noch von wissenschaftlichem Wert sind.

Über Ğābir Ibn Hayyān ist viel gesprochen und geschrieben worden. Auch heute noch beschäftigen sich die Orientalisten mit ihm. Allerdings, einiges im Zusammenhang mit ihm gibt es noch, über das man bisher nicht zu völliger Klarheit fand.

Verwunderlich ist nur, daß er in den Schriften Ahl-Taschayyuhs nicht genannt wird. Das heißt, in den Werken der Hadithkundigen (Ibn an Nadim war möglicherweise Schiit) und Gelehrten der Schiah wird er nicht erwähnt.

Jedenfalls, einen solch hervorragenden Schüler hatte Imam Sādiq (a.s.).

84 "Al-Fehrest" Ibn un Nadim - ein bücherkundliches Werk - zählt zu den verläßlichsten
bibliographischen Werken der Welt. Es ist sohervorragend sachkundlich ausgearbeitet, daß
es sogar im heutigen Europa noch geschätzt wird. Ibn un Nadimlebte im vierten Jahrhundert
n.H.. In seinem Buch infonniert er über dieLiteratur der frühen islamischen Epoche und
auch über die seiner Zeit. Er war ein "Allroundman" - war Papierhersteller, Bibliothekar und
Buchhändler und erstaunlich hochgebildetund belesen. Ich habe sein Buch gelesen. Es
erörtert sämtlicheSchriftarten, die es zu seiner Zeit gab, sämtliche Sprachen, die damals
gesprochen wurden und selbst deren Herkunft.

85  Ibn Khallakān lebte im 6. Jahrhundert n.H.

 

Hischām Ibn 1 Hakam

Ein weiterer Schüler Imam Ğa'far s Sādiqs (a.s.) ist Hischām Ibn 1 Hakam. Auch er war sehr gelehrt und überragte sämtliche "Mutikallimin" seiner Zeit. (Ich beziehe mich hierbei auf die Aussagen in den Schriften Ahl-Tassannuns). Abu 1 Hidial 'Allāf war ein hervorragender iranischer "Mutikallim". Schabli Nu'mān schreibt in "Tārikh Ilm Kalām": Niemand war fähig, mit Abu 1 Hudayl zu diskutieren, und er fürchtete seinerseits niemanden als nur Hischām Ibn 1 Hakam.

Nazzām, der als Genie seiner Zeit bezeichnet wurde und wissenschaftliche Thesen erarbeitete, die auch heute noch vertreten werden, war ein Schüler Hischāms. Hischām Ibn 1 Hakam aber war wiederum Schüler Imam Sādiqs (a.s.).

Aus all dem wird die kulturelle Situation zu Zeiten Imam Sādiqs ersichtlich. Eine Situation, die der Imam nutzte. Ganz abgesehen davon, daß er - verglichen mit anderen Imamen (a.s.) - ein verhältnismäßig langes Leben hatte. Voraussetzungen, die in dem Maße in der Zeit keines der übrigen Imame Ahl ul Bayts (a.s.) gegeben waren. Nicht vor Imam Sādiq und nicht nach ihm...

Allerdings, wenngleich auch nach ihm die Voraussetzungen zu wissenschaftlichem Engagement nicht gerade schlecht waren, so waren doch seine Nachkommen mit anderweitigen ungünstigen Bedingungen konfrontiert. Sein Sohn Imam Mussā Ibn Ğa'far (a.s.) schon brachte lange Zeit im Kerker zu. Und auch die übrigen Imame starben eines frühen Todes. Sie wurden vergiftet. Man ließ nicht zu, daß sie am Leben blieben.

Für Imam Sādiq aber waren - wie gesagt - beide Voraussetzungen vorhanden. Zum einen hatte er, wie gesagt, ein relativ langes Leben. Er wurde ungefährt siebzig Jahre alt. Und zum anderen war zu seiner Zeit das allgemeine Interesse für Wissenschaft und Bildung stark ausgeprägt.

Noch einmal ganz kurz zur Frage nach dem unterschiedlichen Taktieren bzw. Vorgehen Imam Hussayns und Imam Sādiqs (a.s.). Nun, da deutlich wurde, wie verschieden Situation und Voraussetzungen waren, mit denen sie zu tun hatten, ist auch folgendes offenkundig:

Imam Hussayn (a.s.) - Seyyid Schuhadā - hätte entweder bis zum Ende seines Lebens stillschweigend Korruption und Unrecht in Land und Kalifat zusehen müssen, ohne sich zu rühren und zu melden, nur in Gottesanbetung versunken, bis daß er starb.

 

oder aber er mußte Widerstand leisten und dabei getötet werden.

Für Imam Sādiq (a.s.) aber waren diese Bedingungen - das heißt: entweder in Isolation und Abgeschiedenheit zu leben oder aber sich zum offenen Widerstand zu erheben und getötet zu werden - nicht gegeben.

Die beiden Wege, die ihm offenstanden, waren: entweder getötet zu werden oder aber die neuen günstigen Voraussetzungen seiner Zeit und Umgebung höchstmöglich zu nutzen.

Uns ist wohl immer noch nicht richtig bewußt geworden, daß die Imame, die nach Imam Hussayn kamen, über die Bedeutung seines Schahādats aufklärten. Ohne Imam Sādiq wäre der wirkliche Wert der Bewegung Imam Hussayns nicht deutlich und bekannt geworden. Und wenngleich sich Imam Sādiq nicht offen gegen das Regime jener Tage stellte, so wissen wir doch alle, daß er mit ihm nichts gemein hatte, daß er sich mit Kalifen und Kalifat nicht arrangierte.

Imam Sādiq kämpfte einen "indirekten Kampf'. Er befand sich in einer Art "kaltem Krieg" mit dem Regime. Unrecht, Tyrannei und Gewalttaten der Kalifen hatte er offenkundig gemacht und dafür gesorgt, daß alle Welt darüber erfuhr. Wenn dem nicht so gewesen wäre, hätte Mansur (Kalif)86 nicht geäußert:

'Ğa'far Ibn Muhammad ist wie ein Knochen, der mir im Halse steckt. Weder kann ich ihn herausholen noch ihn hinunterschlucken. Weder kann ich einen Beweis gegen ihn erbringen, um ihn damit zu Fall zu bringen, noch kann ich ihn ertragen, denn ich weiß, daß das neutrale Verhalten und Unterrichten, dessen er sich bedient, gegen uns gerichtet ist. Und alle, die aus seiner Schule hervorgehen, sind gegen uns. Aber - einen konkreten Beweis gegen ihn habe ich nicht in der Hand.'

86 Mansur verhielt sich Imam Sādiq (a.s.) in der Regel hart und rücksichtslos gegenüber. Doch wie berichtet wird, ließ er den Imam nicht einkerkern. Wohl aber stand er häufig unter strenger Kontrolle. Einmal sogar - über zwei Jahre lang - in Kufeh. Das heißt, ihm ward dort ein Haus zugewiesen worden, das Tag und Nacht unter Bewachung stand. Man wollte wissen, wer mit dem Imam und mit wem dieser kontaktierte. Einige Male hatte Mansur den Imam zu sich bringen lassen und ihn heftig beschimpft und attackiert. Beispielsweise drohte er ihm: 'Ich bring dich um, ich laß dir den Kopf abschlagen, du treibst gegen mich Propaganda, du hetzt die Leute gegen mich auf und und und', worauf der Imam jedoch immer nachsichtig und milde reagierte.

 

Was führte zu dem Wissenseifer?

Wie ich bereits sagte, war das wissenschaftliche Interesse zu Zeiten Imam Sādiqs (a.s.) erstaunlich groß. Das aber führte unter anderem auch zu einem Aufeinanderprallen der Ansichten und Denkrichtungen, und ein jeder aufrichtige Muslim fühlte sich verpflichtet, an diesem Disput - pro Islam -teilzunehmen.

Was aber waren die Gründe zu dem Wissenseifer, der sich entwickelt hatte? Drei Faktoren wären hier zu nennen. Zum einen war das Milieu jener Tage ein ein mehr oder weniger religiöses. Die Gesellschaft - alt und jung -war religiös motiviert. Dazu kam, daß der Prophet zu Wissenserwerb aufgerufen hatte. Ebenfalls spornte der Koran dazu an, zu lernen, zu lehren und nach Wissen zu streben. Dazu, nachzudenken, zu überlegen. Das war der wesentliche Grund für diesen entstandenen Wissensdrang.

Hinzu kommt, daß die verschiedensten Völkerschaften Zugang zur islamischen Welt gefunden hatten. Völker mit einer hohen geistig-wissenschaftlichen Vergangenheit.

Ein dritter Faktor ist in dem Umstand zu sehen, daß der weite geographische Raum der islamischen Welt jener Zeit als Heimat betrachtet wurde. Das heißt dort war den Muslimen "Heimat", wo der Islam zu Hause war bzw. wo der Islam Fuß gefaßt hatte. Der Begriff "Heimat" wurde also so interpretiert.

Das aber führte selbstredend dazu, daß Rassendenken und derlei weitgehend ausgeschaltet waren. Die verschiedensten ethnischen Gruppen lebten in friedlicher Koexistenz miteinander - verbunden durch das Gefühl, Brüder und Schwestern im Glauben zu sein.

So konnte es beispielsweise sein, daß der Schüler aus Khorāssān von einem Lehrer aus Ägypter unterrichtet wurde. Oder umgekehrt - daß der Schüler Ägypter war und bei einem Lehrer aus Khorāssān (Nord-Ost-Iran) lernte. Unterrichtszentren bildeten sich. Der Lehrer war mitunter ein Unfreier, wie zum Beispiel Nāf'a und Ikrimah aus Nordafrika, die Abdullāh ibn Abbās dienten. Um ihn scharten sich die Schüler. Schüler aus Irak, aus Syrien, aus Hiğāz, Iran, Indien... Ein wichtiger vitalisierender Faktor, der vorwärtsbrachte.

Möglicherweise noch bedeutsamer war das, was man heute als "interkonfessionelle Koexistenz" bezeichnet. Gemeint ist hier das friedliche Zusammenleben der Muslime mit Nicht-Muslimen. Insbesondere mit jenen, die zu "Ahl ul Kitāb"87 gehörten. Das heißt, die Muslime waren bereit, mit

87 "Ahl ul Kitāb": Angehörige einer Himmlischen Religion, das heißt, 'jene, die im Besitze einer Heiligen Schrift' sind.

 

ihnen in friedlicher Koexistenz zusammenzuleben und wußten dies nicht als unvereinbar mit dem Islam. In jener Zeit aber waren die Angehörigen "Ahl-ul-Kitābs" gebildet und gelehrt und somit von den Muslimen geschätzt. Sie griffen das Wissen Ahl-ul-Kitābs auf, verarbeiteten es, bauten es aus, bis sie dann selbst an der Spitze der Gelehrsamkeit, der Gebildeten und Wissenden, standen.

Ja, auch dies, das heißt die friedliche Koexistenz mit Ahl-ul-Kitāb, trag zu diesem Erblühen der Wissenschaft in der islamischen Welt bei. Und auch hierfür gibt es Ahādith, die diese Koexistenz forderten. Viele Riwāyāt gibt es zu diesem Punkt. Wie unter anderem aus Maglissis "Bihār ul Anwār" und auch aus "Nahgul Balāgah" zu erfahren ist, riet der Prophet:

'Erwerbt Wissen, und wenn es von Polytheisten wäre.'

Etliche ähnliche Riwāyāt gibt es noch hierzu..

"Hikmat", von dem hier und auch in dem koranischen Wort:

"Einem jeden, dem Er möchte, gibt Gott Weisheit. Und der, dem Weisheit gegeben ward, ward damit großes Wohl zuteil",

die Rede ist und das in etwa ein "auf wirkliches Wissen sich stützendes Denken und Verstehen" bedeutet, ist genau das, wonach der Gläubige streben muß. So intensiv, als wäre es etwas ihm Wertvolles, aber Verlorengegangenes, nach dem er eifrig sucht.

Wenn wir etwas verloren haben, das uns lieb und wert ist - wie sehr bemühen wir uns doch darum, es wiederzufinden, nicht wahr? Wenn uns beispielsweise ein wertvoller Ring abhanden gekommen ist, so suchen wir nach ihm in allen Ecken und Winkeln, überall dort, wo er vielleicht sein könnte - ist es nicht so? Ihn zu finden ist dann unser großer Wunsch.

Wie gesagt - das der Islam "Hikmat" (Weisheit, Wissen) als etwas bezeichnet, nach dem der Gläubige sucht, als sei es ihm ein verlorengegangener bzw. sehnlich angestrebter Wert, nach dem er überall sucht - und wenn es bei den "Muschrikin" wäre - gereicht ihm (dem Islam) zur Ehre.

Amir al Mu'minin (a.s.) sagt sinngemäß: Der Gläubige versteht Wissen als etwas, auf das er Anrecht hat. Auch auf das Wissen, das sich in der Hand der Muschrikin befindet, weshalb er sich nach Kräften bemüht, es zu erwerben...

Einige sprechen das Gegebensein "friedlicher Koexistenz" zwischen Muslimen und "Ahl 1 Kitāb" dem Vorgehen der Kalifen jener Zeit zu. Sie hätten in ihrer Aufgeschlossenheit das gute Auskommen zwischen Muslimen, Christen, Juden und Zarathustriern gefördert, auf daß sie einander von Nutzen seien.

 

Tatsächlich aber ist diese "friedliche interkonfessionelle Koexistenz" in der islamischen Welt nicht auf die Kalifen zurückzuführen, sondern sie entspricht einer Anordnung des Propheten.

Auch Djirdji Zaydan meint, das dieses friedliche Miteinanderleben den Kalifen und deren Aufgeschlosenheit und Großzügigkeit zu verdanken sei. Er erwähnt in diesem Zusammenhang Siyyid Radi - einen hochrangigen islamischen Gelehrten, "Marğa' Taqlid" und Bruder des Seyyid Murtidā - der, als der (nicht-islamische) Gelehrte Abu Ishaq Sābi stirbt, folgende Ehrung verfaßte:

Hast du gesehen, wen sie auf der Totenbahre trugen vorbei?

Weißt du, daß das Licht unsres Kreises mit seinem Scheiden erlosch ?!

Ein Berg, der mit ihm einstürzte...

Einige kritisierten ihn dieser Zeilen wegen, sagten: Ist es denn richtig, daß ein Seyyid, ein Nachkomme aus dem Geschlecht des Propheten, ein großer islamischer Gelehrter, einen Ungläubigen so sehr rühmt?!

Er antwortete: 'Ja, denn er war ein gelehrter Mann. Wegen seines Wissens rühmte ich ihn...'

Djirdji Zaydan fügt hinzu: 'Seht nur diese Aufgeschlossenheit und Großherzigkeit! Ein Seyyid, ein Nachkomme aus dem Geschlecht des Propheten, Seyyid Radi, hochgelehrt, von hohem, edlen Geist und einem solch hohen wissenschaftlichen Rang und Ansehen - wie er selbst einen Ungläubigen ehrt und rühmt.'

Und er erklärt: 'All dies aber ist letztlich auf die Kalifen zurückzuführen -sie waren aufgeschlossene Männer.'

Jedoch das ist nicht korrekt. Auf die Kalifen ist die friedliche interkonfessionelle Koexistenz nicht zurückzuführen. Und was Seyyid Rādi und seine Haltung und Einstellung anbelangt, dies:

Seyyid Radi war Schüler Ali Ibn Abi Tālibs (a.s.), und er war es, der "Nahğul Balāgah" zusammentrug. Er war über die Anweisungen seines Urgroßvaters, also des Propheten und auch Ali Ibn Abi Tālibs, welcher gesagt hatte:

'Weisheit und Wissen sind, wo immer sie auch sein mögen, zu respektieren',

besser informiert als alle anderen.

Das waren also die Gründe, die den Wissenseifer, das Interesse für die Wissenschaften, hervorbrachten und zweifellos die Voraussetzungen für Imam Sādiqs Schaffen und Wirken schufen.

 

Mit anderen Worten: Damals, zu Zeiten Imam Sādiqs (a.s.) waren - ob er nun eine winzige Möglichkeit zum Kalifat gehabt haben mag oder nicht - die Bedingungen, die sein kulturelles und wissenschaftliches Wirken förderten, besonders günstig. Mehr als alle anderen.

Und noch ein anderer Umstand war, der ihm ebenfalls zupaß kam und den er nutzte. Und zwar so intensiv, daß allen Ernstes behauptet werden kann:

Das wissenschaftliche Engagement in der islamischen Welt - handele es sich nun um Ahl-Tassanun oder aber Ahl-Taschayyuh - ist Imam Ğa'far s Sādiq (a.s.) zu verdanken. Die Lehrzentren Ahl-Taschayyuhs sowieso, aber auch die Ahl-Tassanuns sind das Resultat des Schaffens und Wirkens Imam Sādiqs. Denn die namhafte und an der Spitze aller simnitischen Lehrzentren rangierende Univefsität "Ğāma' Azhar", die vor 1000 Jahren gegründet wurde - und zwar durch die fatimidische Schi'ah - ist sozusagen der "Stamm" aller übrigen Lehr- und Bildungsstätten Ahl-Tassanuns, die also die "Zweige" dieser "Ğāma' Azhar" sind. Sie alle aber sind Früchte jenes weisen Vorgehens Imam Ğa'far Sādiqs, der die Situation seiner Zeit im Sinne des Islam höchstmöglich nutzte.

Und nun zu folgender Frage bzw. Überlegung: Wäre es richtiger und sinnvoller gewesen, wenn der Imam diese Situation nicht genutzt, sondern sich im offenen Kampf gegen das Regime betätigt und dabei - im Kampf gegen Unrecht und Tyrannei - den Tod gefunden hätte? Oder aber, daß er -wie er es ja auch tat - die Situation seiner Zeit in so hervorragender Weise nutzte?!

Hierzu dieses: Der Islam kennt und beinhaltet nicht nur den Kampf gegen Unrecht und Tyrannei, sondern noch vieles andere mehr. Wie ich eingangs schon sagte, geht es uns hier, in dieser Abhandlung darum, die unterschiedlichen Bedingungen zu Lebzeiten der Imame (a.s.) und damit auch den Grund ihres unterschiedlichen Vorgehens deutlich zu machen. Und somit auch die Voraussetzungen, die zu Zeiten Imam Sādiqs gegeben waren, verglichen mit denen zu Zeiten der anderen Imame.

Wenn er nun die Gegebenheiten seiner Zeit nicht genutzt hätte, so stünde folgende Unklarheit im Raum: Wenn es den Imamen (a.s.) um die Führung, um Kalifat und Regierung ging, so doch nur deswegen, um den Islam zu stärken, zu verbreiten und das Wort Gottes praktizieren zu können. Warum aber sollte er, Imam Sādiq (a.s.), dann eine solch günstige Situation zu diesem Verbreiten des Islam verpassen?

Tatsache ist, daß die Imame (a.s.) Gelegenheiten, die sich Ihnen zur

Verwirklichung ihrer Aufgabe boten, nicht aus der Hand gaben, sondern sie nutzten. Wie es beispielsweise ja auch Imam Ridā (a.s.) tat. Er nutzte die Situtation, in dei er sich befand - das heißt seinen Zugang zu dem Kreis Ma'mūns, um zu sprechen.

Imam Ridā war kaum mehr als zwei Jahre bei Ma'mun, aber das, was aus dieser Zeit von ihm und seinen Worten überliefert wurde, ist weit mehr als das, was aus seiner gesamten übrigen Lebenszeit von ihm berichtet wird.


source : الشیعه
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