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Islam und Abendland Verbindendes und Trennendes

Islam und Abendland Verbindendes und Trennendes

Vortrag Prof. Falaturis beim Evangelischen Arbeitskreis der CDU/CSU in Bonn, 16.09.1991

Meine Damen und Herren,

als ich von Köln im Regen nach Bonn fuhr, dachte ich, daß viele durch den Regen heute abend den Vortrag nicht besuchen würden, aber ich sehe, daß der Regen keinen daran gehindert hat. Schönen Dank für Ihr Interesse und für Ihr Kommen. Meine Damen und Herren, wie Sie eben gehört haben, Islam und Abendland haben beide eine ganz lange Geschichte, eine Geschichte, die besteht aus positiven und negativen Verhältnissen.

Klarheitshalber habe ich den Vortrag in vier Abschnitte eingeteilt, Abschnitt 1 ist die religiöse Ebene, die den Islam mit dem Abendland verbindet oder auch trennt, Abschnitt 2 ist die kulturelle Ebene, die ebenso die islamische und die christlich-abendländische miteinander verbindet, aber auch zum Teil voneinander trennt, der 3. Abschnitt sind die politischen Verhältnisse, die kaum positiv waren und diese politischen Verhältnisse in ihrer negativen Auswirkung haben auch die beiden anderen Bereiche in Mitleidenschaft gezogen. Als 4. Abschnitt, der das Resümee unserer ganzen Diskussion ist, soll überlegt werden, was wir als Verantwortliche für die jetzige, aber auch zukünftige Gemeinschaft der Menschheit schlechthin, hier tun können. Zunächst zum ersten Abschnitt, der religiösen Ebene. Auf dieser Ebene, meine Damen und Herren, werde ich nicht als ein Muslim hier reden, sondern mehr als Religionswissenschaftler, der versucht, Phänomene mit Distanz zu betrachten, ohne überhaupt daran zu denken, daß wir es mit Wahrheit oder Falschheit zu tun haben. Ich möchte Sie gerne auch darum bitten, in diesem Sinne sich das Ganze anzuhören. Es ist erstaunlich, daß unter allen Religionen der Welt allein der Islam Jesus Christus und Maria anerkennt, praktisch wird die Lehre von Jesus nur vom Islam und den Muslimen anerkannt. Es wird die Person - und ich möchte das gerne in den Vordergrund stellen, damit man Differenzen aufzeigen kann - Es werden im Koran alle Beschaffenheiten, die, die Christen Jesus Christus zuschreiben, bzw. an die sie glauben, wird der Koran in allem zustimmen, vielleicht ist manches sogar im höheren Maße, was sich um Maria handelt. Die Reinheit Marias, Unantastbarkeit, usw., dann auch Jesus wird im Koran so erklärt, definiert und beschrieben, wie sonst keine andere Gestalt im Koran. Dass er vom Geist Gottes ist, daß er das Wort Gottes ist, daß er in einer ganz anderen Art und Weise zur Welt gekommen ist, daß diese Empfängnis Marias durch den Heiligen Geist war, all das wird bestätigt. Nur eins nicht und gerade das legt die Differenzen:

der Koran, und das ist in einer späteren Zeit, das, was ich bis jetzt gesagt habe, fängt bei Muhammad in der mekkanischen Zeit an. Zu Ihrer Information sage ich, daß man die islamische Geschichte, d.h. die Geschichte der Zeit Muhammads in zwei Epochen einteilt, einmal in die mekkanische, 610- Mitte 622 und dann von Mitte 622- 632 ist die medinensische Zeit, als Muhammad von Mekka nach Medina ausgewandert war. Schon in der mekkanischen Zeit, ich betone das, weil sehr viele, die sich nicht historisch mit dem Islam auseinandersetzen, behaupten, daß Muhammad erst in Medina, nachdem er mit Juden und Christen konfrontiert wurde, hätte er von Christentum und Judentum gesprochen, das ist Unsinn, das hat schon in der mekkanischen Zeit, sogar in ganz frühen Phasen der Offenbarung begonnen und es ist ein Rätsel, wie ein Araber kommt, in einer Welt, die voll von Polytheisten ist, gerade das Judentum und Christentum vertritt. Das ist eine andere Frage, das können wir hier auch nicht behandeln, aber ich möchte nur auf Jesus und Maria zurückkommen. Alle diese Beschaffenheiten sind bestätigt, nur eins nicht, und dies eine, was nicht ist, ist erst in der medinensischen Zeit und in der Auseinandersetzung mit den jüdischen Behauptungen und das ist nicht an die Adresse der Christen, sondern an die Adresse der Juden, dieser Ausdruck, das ist Koran, 4/157, wo der Koran sagt, daß diejenigen, die behaupten, der Koran redet nicht, und das ist eigenartig, nie ganz klar, immer in einer bestimmten Ausdrucksweise, die haben ihn nicht getötet und nicht gekreuzigt, heißt es einfach, sondern es wurde ihnen eine andere Gestalt, eine Verwechselung lag vor. Das ist zunächst, es scheint ganz einfach zu sein, gut, die Christen sagen, Jesus ist am Kreuz gestorben und die Muslime sagen nicht. So einfach ist es nicht. Das hier packt praktisch diese Essenz der beiden Religionen und hier, wenn Sie hier ansetzen, merken Sie, daß die beiden Religionen sich essentiell voneinander unterscheiden. Damit ich dieses erkläre, möchte ich ganz kurz erst den Grund sagen. Der eigentliche Unterschied zwischen Islam und Christentum ist ein anthropologischer Unterschied. Der Islam sieht den Menschen gut geschaffen und in dem Menschen liegt der Kern des Guten, der nachher, im Laufe der Zeit entweder der Mensch in der Lage ist, mit Hilfe der Offenbarung dieses Gute zu entwickeln, oder nicht. Im Christlichen dagegen, wissen wir, egal wie wir Sündenfall oder Sünde interpretieren, da möchte ich jetzt nicht drauf eingehen, aber das ist jetzt jedenfalls der Mensch, der mit Sünde behaftet ist und eine Erlösung braucht. Logisch ist natürlich, daß diese Erlösung auch in einer anderen Art und Weise geschehen soll, nicht durch menschliche Kraft, sondern durch göttliche. Darauf beruht die christliche Lehre, das System in sich ist sehr geschlossen und läßt keine Lücke offen. Der Islam sieht diese Sündhaftigkeit als Wesen des Menschen gar nicht an. In dem Sinne braucht er keine existentielle Erlösung. Das Wort Erlösung fällt im Koran gar nicht. Was der Mensch braucht, der von Natur aus gut ist, ist eine Rechtleitung. Rechtleitung bildet den Kern aller Offenbarungen nach der koranischen Auffassung. Thora, Evangelium, auch die Schriften von Abraham und David, wie alle Schriften, die wir auch in den semitischen Religionen kennen, aber auch darüber hinaus, alle Schriften, die auf Offenbarung zurückgehen, haben nur eine einzige Funktion, nämlich die Rechtleitung. Sehen Sie, hier haben wir ein ganz anderes Modell, das auch in sich sehr schlüssig ist. Nirgends geht der Koran von diesem Schema ab, der Unterschied zwischen Muslimen und Christen, bzw. der Grund ihrer Auseinandersetzungen ist, daß sie weniger versucht haben, sich in ihrem System zu verstehen. Der Christ widerlegt den Islam aus seiner ihm eigenen Logik. Dazu haben auch sehr viele Religionswissenschaftler seit dem 18./19. Jh. und ganz besonders im 20. Jh. beigetragen, indem sie von der christlichen Begrifflichkeit aus an die anderen Religionen herangegangen sind, u.a. auch den Islam, sie suchten nach der Erlösung, diese gibt es nicht in dem Glauben, ach ja, die Handlungen sind es, nach muslimischer Auffassung, die, die Muslime erlösen. Da kommt dann das Werkreligion und dann die Theorien und Thesen, die man darauf aufgebaut hat und die von Grund auf gar nicht haltbar sind. Also, in diesem Sinne aber hat Islam eine andere Leistung, indem er meint, daß die einzige Funktion der Religionen die Führung, die Rechtleitung ist, kommt auch ein Punkt und dieser Punkt ist religionswissenschaftlich gesehen sehr interessant, das ist, daß die für die Religion, also monotheistische Religion oder andere, gibt es nur eine einzige Möglichkeit, die Religion kann nur eine Religion sein, nicht in dem Sinne, daß man mehrere Religionen zusammenbringen und das Gemeinsame daraus nehmen würde, nein, Religion ist die Verbindung des Menschen mit Gott. Diese Verbindung ist nur eins, kann auch nur eins sein. Und diese Verbindung heißt nach dem Koran Islam. Und dieser Islam ist nicht nur von Muhammad, sondern die Offenbarung oder Lehre von Adam, denn Adam ist konsequenterweise für den Koran ein Prophet, ein Gesandter. Denn, es könnte nicht sein, daß Gott den Menschen mit diesen guten Anlagen geschaffen hat, den Menschen ohne Rechtleitung auf der Erde gelassen habe. Das ist vom ersten Augenblick an hat Gott diese Aufgabe erfüllt, Adam ist der erste, der die Offenbarung empfangen hat, das braucht nicht unbedingt eine Schrift zu sein. Also, seine Offenbarung war der Islam, Abrahams Offenbarung ist der Islam Jesus Offenbarung ist Islam, die Offenbarung Mose ist Islam. Es gibt gar keine andere Möglichkeit außer Islam, wenn man darauf besteht, daß die Religion, die, die Begegnung des Menschen mit einem nominosen, also mit Gott ist. Das ist in sich logisch. Genauso wie im Christentum es in sich logisch ist. Die Probleme sind, daß wir kaum versucht haben oder nicht versucht haben, einander näher kennenzulernen und der Koran geht auch damit genauso von Anfang der Offenbarung an bis zum Schluß um, d.h. bei Anerkennung der Juden und Christen, das ist nicht Toleranz, das ist ein Glaubensmoment im Koran, daß die Christen und die Juden den Islam besitzen, das ist nicht nur leben lassen, das ist eine Bestätigung, das sind Glaubensbestandteile, mehr als Toleranz, was wir meinen. Aber der Koran setzt sich auseinander mit Juden und Christen, die ihre eigene Religion nicht aufrechterhalten. Der Koran lobt aber Juden und Christen, die sich nach ihrer Religion verhalten. Das alles konsequent, nur eine Sache möchte ich sagen, meine Damen und Herren, wir bewegen uns auf zwei Ebenen, einmal die Ebene der Offenbarung und einmal auf der Ebene der Geschichte. Die Geschichte ist von Anfang an bestimmt gewesen von politischen Interessen. Da ist es dann natürlich nicht immer so schön vor sich gegangen, wie der Koran es wollte. Ich kann nur eines sagen und dann gehe ich zum zweiten Abschnitt über, denn wir haben uns vorgenommen, dass ich eine Dreiviertelstunde spreche und wir nachher diskutieren. Das ist immer besser und deshalb mache ich auch kein Manuskript, daß ich dann 30 min. reden kann oder 40, 50 mm, eine Stunde anderthalb Stunden, aber ich werde eine Dreiviertelstunde machen und dann diskutieren wir. Ich kann nur ganz kurz sagen, schlagen Sie den Koran auf, wenn Sie Zweifel haben an dem, was ich sage, denn vieles kommt Ihnen ganz anders vor. Das bestätige ich, gebe ich zu. Schlagen Sie den Koran auf, Sure 5/5. Dieser Vers gehört zu den allerletzten 5 Versen, die 3 Monate vor dem Tod Muhammads offenbart worden sind. In diesen Versen, die beginnen: "Heute habe ich Eure Religion vervollständigt" wird unter anderem so auf die Beziehung zwischen Muslimen und den Schriftbesitzern, das sind Juden und Christen, Stellung genommen. Es wird da Tischgemeinschaft und Ehegemeinschaft zwischen den Muslimen und den Schriftbesitzern vorgeschlagen. Was bedeutet das ? Das bedeutet für mich unheimlich viel, weswegen ich meine, daß die politische Auseinandersetzung zwischen Muslimen, Juden und Christen diesen Geist unterdrückt haben. Das bedeutet, daß trotz aller theologischen und manchmal auch gesellschaftlicher Auseinandersetzungen mit Juden es nicht so ganz leicht gewesen ist, sogar ganz hart, trotz allem wird am Ende des Lebens von Muhammad am Ende der Offenbarung diese Anerkennung wie ein Gebot zum Ausdruck gebracht. Gesellschaftliche Anerkennung der Juden und Christen. Bitte denken Sie nicht daran, an das, was ich jetzt sage, daß ja, das steht im Koran, das ist Theorie - das nein. Dieser Geist hat immer wieder im Laufe der Geschichte, die ich Ihnen auch jetzt sagen werde, sich immer wieder gezeigt und diesen Geist brauchen wir heute. Das ist, was ich im vierten Abschnitt sagen werde. Jetzt komme ich zum Kulturellen. Auf kultureller Ebene hat der Islam schon in seiner islamischen Welt in der frühesten Geschichte hat sich mit den fremden Wissenschaften beschäftigt. Ich möchte den Ansatz erst sagen. Wenn Sie den Koran aufschlagen, sehen Sie im Koran mehr als in allen anderen heiligen Schriften die dauernde Betonung und Aufforderung des Menschen zum Nachdenken, zum überlegen, zum Einsatz des Verstandes und der Vernunft, so daß man manchmal als Religionsphänomenologe sagt, ist das Religion oder ist das Philosophie ? Wozu soll der Mensch immer wieder nachdenken? Darauf kommen wir zurück in der Diskussion: Was heißt dieses Nachdenken? Jedenfalls, der Begriff Vernunft nicht als Organ verwendbar, aber verbal kommt er immer wieder im Koran vor. Das hat den Gelehrten am Anfang der islamischen Zeit den Anlaß dazu gegeben, sich nicht nur dogmatisch nach Vorschriften zu richten, sondern darüber hinaus Prinzipien zu entwickeln und weitere gigantische Rechtsgebäude aufzubauen. Wie kommt das? Ich kann es erklären, denn wenn Sie den Koran, der Koran hat mehr als 6.000 Verse, von denen sind nur zwischen 300 und 500 Verse, die sich mit Normen beschäftigen. Der Koran ist kein Gesetzbuch, was man immer wieder sagt und wiederholt. Der Rest hat eine gewisse Weltanschauungskraft, die wir hier gar nicht behandeln können. Jedenfalls, dogmatische Vorschrift gibt es sehr wenige. Mit diesen wenigen Vorschriften konnten die Muslime nach den Eroberungen der großen Kulturen seinerzeit nicht fertig werden. Es kamen unheimlich viele Fragen an sie heran, die gar nicht im Raume Arabien existent waren. Sie mußten einen Weg suchen und das haben die Gelehrten getan. Sie haben aus dem Koran- und das ist die Flexibilität des Islam, wenn man sich nach diesem Prinzip richten würde- aus bestimmten Dingen Prinzipien entwickelt, woraufhin dann weitere Gesetze und Normen ableitbar waren und diese gigantische damalige islamische Welt, die praktisch die beiden Kulturen, die iranische und byzantinische, umfaßte, Herr werden. Man sagt auch, die Aufklärungszeit des Islam habe anfangs begonnen und ist dann nachher ins Dogmatische zurückgefallen. Daran ist etwas Wahres, denn in der Zeit haben im Zuge dieser Großzügigkeit und Aufgeschlossenheit für alles Denken sich sogar die Kalifen mit griechischem, iranischen und indischen Gedankengut beschäftigt. Ganz gierig und systematisch haben sie alles, was sie in die Hand bekamen, ins Arabische übersetzt, Philosophie, Logik, Medizin, Mathematik, Chemie, Astronomie, Physik; die Physik war damals die aristotelische Physik, umfaßte Psychologie, Mineralogie, Zoologie, Erdkunde, alles mögliche. Sie haben alles ins Arabische übersetzt und weiterentwickelt. Meine Damen und Herren, ohne diese Entwicklung hätten wir keine Dezimalzahlen, keine Null, in der Medizin diese Erfahrungen nicht gehabt. Die Bücher von Avicenna und Razi waren bis zum 17. Jh. Lehrbücher in den medizinischen Fakultäten in Frankreich und anderswo. In der Mathematik Algebra, das sind alles diese Begriffe, die entstanden sind, Logarithmen bis zum ??? sind alle von Al-Chorazmi, das sind alle Entdeckungen, die da waren, man hat dies übersetzt in die europäischen Sprachen und wohl entwickelt. Aber ohne dies hätte man nicht zu dieser Entwicklung kommen können. Es ist ungerecht, daß man diese Tatsache übersieht. Die islamische Kultur als Kultur ist ein Bestandteil der abendländischen Kultur. Keiner wird darauf jetzt überhaupt kommen und die Erziehung in der Schule ist so, daß keiner davon erfährt, dann die Feindbilder werden natürlich sehr schnell Erfolg haben können. In einem Buch habe ich gesehen- wir haben eine Schulbuchanalyse durchgeführt - dass die Muslime keinen freien Willen haben und deswegen zu den unterentwickeltsten Völkern der Welt gehören. Es ist traurig, es ist traurig, daß man diese Dinge, die praktisch ein Bestandteil der abendländischen Kultur sind, übersieht und diese Leistungen, die für die Welt heute noch aktuell sind, übersieht. Ich sage immer, das ist eine wissenschaftliche Ungerechtigkeit, Ungerechtigkeit kann auch wissenschaftlich sein. Diese Wissenschaften, meine Damen und Herren, sind entstanden und das ist was ich sage, wenn der Koran trotz aller politischen Auseinandersetzungen immer wieder sich in dieser Toleranz, die ich gesagt habe, gezeigt. Dieses gigantische wissenschaftliche Gebäude ist entstanden durch Zusammenarbeit von Muslimen, Christen, Juden, Zoroasthriern, sogar Sternanbetern. Die haben im Baume von Bagdad und Persien zusammengearbeitet, als ob sie ewig Brüder miteinander gewesen wären. Keiner hat daran irgendwie Anstoß genommen, daß der andere Jude oder der andere Muslim war. Die gleiche Atmosphäre, das war im 9./10. Jh. hauptsächlich, die gleiche Atmosphäre hat sich wieder gezeigt 200-300 Jahre später in Spanien. Als man angefangen hat wieder das Arabische ins Lateinische zu übersetzen. Wenn bei den ersten mehr die Christen, das sind die Nestorianer, die, die syrische Sprache beherrschten und als Mittel zwischen dem Arabischen und Griechischen fungieren konnten, wenn da mehr Nestorianer waren, die diese Vermittlerrolle gespielt haben, aber es waren auch Muslime und Christen dabei. Aber mehr jüdische Leistung. Und ganz friedlich. Das sind Abschnitte in der Geschichte, die doch zeigen, daß die Menschen auch anders sein können, unabhängig von Haß und unabhängig von Feindseligkeit. So, meine Damen und Herren, jetzt komme ich zum dritten Abschnitt, zu dem Abschnitt, der unangenehm ist. Also zu den politischen Verhältnissen zwischen Islam und Christentum und Judentum. Das hat begonnen mit der Ausbreitung des Islam nach dem Tode des Propheten. Wie geschah das? Man sagt, das ist natürlich nicht wahr, mit Feuer und Schwert hat man das gemacht und so, von diesem Jargon möchten wir absehen, aber ich komme jetzt zu den Tatsachen. Arabien war jahrhundertelang Kolonie vom Iran und Byzanz. Mal, wenn die Iraner über die Römer gesiegt haben, war mehr von Arabien in ihrer Hand und umgekehrt. Muhammad ist in einer Zeit gekommen, das ist historisch unheimlich interessant und wichtig, wo die Iraner und Byzantiner miteinander Kriege führten. Keiner, weder die Iraner noch die Byzantiner haben überhaupt von der Entwicklung in Arabien Notiz genommen. Auf der arabischen Halbinsel hat keiner überhaupt Notiz genommen, deswegen können wir auch keine Belege, keine Berichte über die Entwicklung in der damaligen Zeit in fremden Schriften finden. Alles, was wir über diese Zeit wissen, ist arabisch. Und es sind arabische Schriften, die zum großen Teil im 2. Jh. nach Muhammad entstanden sind, wo man nicht unbedingt die Richtigkeit garantieren kann. Nun, plötzlich sind die Araber, die ja 100 Jahre land gegeneinander gekämpft haben, eine Einheit, eine Macht und die Macht hat natürlich ihre Vergangenheit, ihre Unterjochung unter den Persern und Byzantinern nicht vergessen gehabt. Wir wissen nicht, d.h. ich weiß nicht, ob die Kriege, die geführt worden sind, als eine Revanche gegen Byzantiner und Iraner gedacht waren, oder als Vorbeugung, daß die Byzantiner und Iraner wieder kommen werden. Was auch immer, eins steht fest: daß im Jahre 628/29 ein christlicher Stamm in Nordarabien, sie heißen Rassawiden, von den Byzantinern dazu gehalten wurden, sich gegen Muhammad und gegen die anderen Araber zu stellen. Die hatten bis dahin gar nicht daran gedacht, die Christen, weil bis dahin Christen und vor allen Dingen Christen und Muslime sehr gut miteinander auskamen, die Stämme. Dieser Rassawiden Stamm hat das angefangen und dann hat ein Heer unter der Führung von Chalid Ibn-e Walid, ich nenne den Namen, weil ich Ihnen damit nachher etwas erklären möchte, hat diesen Rassawiden entgegen - geschickt und dass es ohne Krieg ist, haben die zurückgesteckt und es ist gut, aber das war eine Warnung für die Araber, daß Byzanz nicht geschlagen hat und nach dem Tode Muhammads ist die erste Auseinandersetzung mit Byzanz und nicht mit dem Iran. Und unter dieser Führung von Chalid Ibn-e Walid, wenn man diese Momente in der Geschichte miteinander verbindet, kommt doch etwas mehr dabei heraus. Natürlich, als die Araber Erfolg hatten in dem Krieg gegen die Byzantiner und da müßte ich auch sagen, daß sie auch nicht immer Erfolg der Araber gewesen, die unterdrückten christlichen Minderheiten haben diesen Arabern zum Sieg verholfen. Mindestens 10 verschiedene Richtungen, die immer noch existieren, die unter der Zentralmacht der Christenheit litten und genauso wie auch umgekehrt, Iraner haben die Araber mit wenigen Leuten besiegt mit der Hilfe der unzufriedenen Iraner, die unter dem Imperium, Königreich gelitten haben. Aber auf alle Fälle, die Araber haben Erfolg gehabt und finden Sie in der ganzen Geschichte einen, der, wenn er an der Macht ist, diese Macht aufgeben möchte? Dann ging es weiter. Heute ist es auch so. Die ganze Expansion später hat kaum mit dem Geiste des Islam, kaum mit überhaupt nicht mit der Missionierung — im Islam gibt es keine Missionierung, darf es auch nicht geben — das ist dann gemacht worden und dann nachher haben Leute zum Teil, weil sie davon Vorteile hatten, den Islam angenommen, diejenigen, die ihn nicht angenommen haben, sind auch so geblieben. Deswegen auch in diesen Gebieten gibt es bis heute die Kirchen, aber das ist auch unberechenbar, sage ich, es war immer abhängig von der Laune des jeweiligen Herrschers, ob die Christen und Juden akzeptiert wurden oder nicht. Das war kein Prinzip, deswegen auch bis heute. Gut, ich sage, damit habe ich die Kritik erst auf die Seite der Muslime geholt. Diese hatten natürlich Reaktionen hervorgerufen in der christlichen Welt. Die christliche Welt ist nicht von Anfang an mit der Lehre des Islam konfrontiert worden, im Gegenteil. Nur mit der Macht und der Politik. Was erwartet man denn? Die Muslime haben praktisch die Macht der Christen in der damaligen Zeit abgeschoben, denn wenn der Islam nicht gewesen wäre, hätte, vielleicht 50 Jahre später, die Christenheit in ihrer Vielfalt wohlbemerkt, hätte noch mehr oder vielleicht die Hälfte oder über die Hälfte der Erde unter ihre Macht gebracht. Aber das ist alles weg. Denn die Nestorianer waren bis Indien hinein haben sie ihre Bischöfe und großen Kirchenträger, sie haben allein auf dem Gebiet Iran mehr als 40-50 große Bistümer, wenn man so will, was damals die --- gehabt. Das ist weg. Im Osten hat die zoroastrische Religion nicht überlebt, sonst wären auch Zorostrier heute, genauso wie die Christen, eine Gruppe gewesen, die sich gegen den Islam gestellt hätten, durch diese Geschichte. Oder haben nicht erlebt die Christenheit. Von Anfang an ist keiner lieber gewesen, aber die Kreuzzüge, die Antwort auf diese Siege waren, haben wieder gezeigt, daß auch wirklich seitens der Christen nicht unbedingt um die Religion ging. Wir wissen, daß die Kreuzzüge angefangen haben durch Uneinstimmigkeiten zwischen Kirche und Staat damals, aber nicht nur das. Wenn Sie die Geschichte der Kreuzfahrer in der Zeit da unten mal vergegenwärtigen, sehen Sie, wieviele Christen und Muslime sich zusammengetan haben gegen andere Gruppen von Muslimen oder umgekehrt. Muslime und Christen zusammen gegen andere Gruppen von Christen. Das waren nicht nur Kreuzfahrer einer Einheit, da waren viele. Die Muslime waren auch nicht eine Einheit, sie waren Türken, Araber, Kurden. Das war nur reine Herrschsucht. Man sah, wo man besser zur Macht kam, da hat man koaliert. Sie haben dann nur die Leute, wie heute auch, immer dazu bewegt, indem sie sagten, das sind Ketzer, da muß man gegen kämpfen und plötzlich wurde der Ketzer zum Freund, nicht wahr. Heute haben wir auch Beispiele. Na ja, darauf kommen wir zurück. Die ganz neue Geschichte dieser Auseinandersetzung hat im Grunde mit am Ende des 15. Anfang des 16. Jh. angefangen. Das heißt, mit dem Untergang des Islam in Spanien. Mit dem Untergang des Islam in Spanien und der Entdeckung der neuen Welt durch Kolumbus und dann nachher durch andere kam die ganze Welt, Portugiesen, erst in die Welt und dann nachher die anderen und die Araber. Da hat eine neue Geschichte sozusagen, eine Geschichte, die keine Heilsgeschichte, um nicht zu sagen Unheilsgeschichte begonnen. Hier war nicht mehr Auseinandersetzung zwischen zwei Religionen, hier war etwas anderes im Gange, das aber unter dem Vorwand der Religion durchgeführt wurde. Ich erzähle Ihnen etwas, was unglaubwürdig erscheint, aber das ist das Prinzip der Eroberungen, die man danach Kolonialisierung nannte, gewesen. Ich habe in meiner Vorlesung noch einmal ein Semester "Religion und Gewalt", mehrere Vorträge auch durch Kollegen halten lassen. Ich lese ein paar Sätze aus einem Vortrag von einem Kollegen: "Der Glaubenskrieg der Muslime und anderer "Ketzer" basierte auf einer ganz bestimmten Ideologie, auf die ich (der Redner) noch eingehen möchte. Gemeint ist die Rechtsfiktion, wonach Christen das Recht zusteht, Ungläubige zu unterwerfen. Dies war allerdings weniger die (Band Ende).....

Diskussion

 

Frage: Sie haben verschiedene Punkte angesprochen, die mich zu einer Frage bewegen. Sie haben gesprochen von der eigentlich christlichen Abwehr..., Feuer und Schwert des Islam. Dann sprachen Sie von den Informationen und Fehlinformationen der Medien und sprachen auch von Feindbildern. Da es ja nun während der Golfkrise in den vielen Fernsehsendungen eine Reihe, wo eben auch gewarnt wurde vor dem Islam, der jetzt eigentlich Europa bedrohe, Sie wissen wahrscheinlich, wen ich meine, ohne daß ich ihn nennen muß, er hat ja einen guten Namen und da hätte ich gerne Ihre Antwort darauf, wie Sie dazu stehen.

 

PF: Das Schwert des Islam meinen Sie. Ich meine, meine Damen und Herren, diejenigen, die diesen Film sehr wenig kennen, es war Herr Scholl-Latour und ich schätze ihn auch, ich habe ihn jedenfalls sehr hoch geschätzt durch seine Kenntnisse, durch seinen Mut, daß er überall immer und elegante Berichterstattung, alles mögliche. Wenn man ihn dann fragt, warum er diesen Film gemacht hat, sagt er, das was er gesagt hat, sei war. Gut, nichts dagegen, aber, meine Damen und Herren, wie ich gezeigt habe, eine Geschichte besteht nicht nur aus dem Schwert. Wenn man die Macht in einer Geschichte zeigen will, muß man zwei Dinge tun: erstens perspektivisch darstellen, nämlich die andere Seite der Medaille, die Zusammenarbeit der Christen und Muslime, die Zusammenarbeit von Abendland und Morgenland, den Nutzen, den sie voneinander hatten, dieses auch miteinbeziehen. Ich habe auch genauso diese Macht angesprochen und sogar getadelt. Da habe ich gesagt, das ist Machtexpansion. Das ist der eine Punkt. Der zweite ist, daß wenn man das macht, muß man es genauso auch auf der christlichen Seite machen. Dann hätte man, und wie schrecklich ist es, wenn ich Ihnen das sage, parallel zum "Schwert des Islam" die "Atombombe des Christentums". Das ist das gleiche. Da heißt es, wenn man diese Sachen auf den Islam bezieht, müssen die anderen Gewalttaten auch auf das Christentum bezogen werden. Diese einseitige, aber ich meine es trotzdem anders, wieso kam dieser Film in einer Zeit, in der dieser Krieg entstanden ist? Ist das nicht irgendwie abgesprochen worden? War nicht diese Sache in der Planung? Weiß ich nicht, weiß ich nicht. Ich sage, ich frage nur wieso plötzlich in der Zeit muß dieser Film laufen ?

Frage: Entschuldigen Sie, wenn ich noch einmal etwas nachtragen darf. Für mich war die Schlußfolgerung von Scholl-Latour ja eigentlich die Warnung vor dem Islam als Bedrohung für Europa, was ich als völligen Fehlschluß sehe und es nicht nur fatal finde, sondern gefährlich hier ein neues Feindbild aufzubauen. Der Kommunismus existiert nicht mehr, wir brauchen ein neues Feindbild. So wirkt das auf mich und ich finde es eine fatale Fehlfolgerung daraus, und darauf hätte ich gerne von Ihnen die Antwort.

PF: Diese Sache mit Feindbildern, das habe ich auch ganz kurz angesprochen. Manche behaupten, die Europäer selbst, Europa hat nie ohne Feindbilder leben können. Die Feindbilder haben immer die Europäer zusammengehalten und immer konnten sie sich im Schatten dieses Feindbildes mehr entwickeln. Jetzt sind die Ostblockstaaten nicht mehr und das, glauben Sie, bevor die Ostblockstaaten überhaupt untergingen, wir haben in unserem Kreis, als die Anzeichen kamen, gesagt, guck mal, wenn jetzt der Kommunismus zugrunde geht, kommt dann der Islam dran. Ich habe es nicht geglaubt und dann ist es gekommen. Und wie weit und das ist deswegen meine Klage über Politik und dann Medien, bezog sich auch darauf, ganz global, daß man auf diese Weise Feindbilder braucht. Auch ich möchte nicht dies unbedingt in der Weise vertreten. Ich sehe diese Feindbilder sind ein Bestandteil der Großmächte, auch in der Geschichte gewesen. Wenn die Griechen sich weiter verbreiten wollten, haben sie immer Barbaren im Auge gehabt. Auch die Araber haben Feindbilder gehabt, Ketzer oder agam, die Nichtaraber usw. und so fort. Auch die Römer haben sie gehabt, auch in Europa die verschiedenen Mächte, die wir haben, Frankreich, Deutschland, die Kriege, es ist für mich, wenn die Geschichte beobachtet, ist Feinbild produzieren ein wesentliches Moment der Erhaltung des Imperiums. Und jetzt haben wir das europäische Imperium. Aber diese Europäer sind nicht die Völker, das ist ja das, was ich sage, das sind bestimmte Zentren, von denen man vor allen Dingen die Waffenindustrie anspricht. Das sind die, die Feindbilder brauchen, nicht für die Entwicklung der einzelnen Leute auf der Straße, die Zeit dafür ist vorbei. Das ist für den Erhalt der Macht und die Wirtschaft. Ja, gut, ich höre auf.

Frage: Ich schlage jetzt einmal folgendes vor...

PF: Ich freue mich, daß ich Sie alle so provoziert habe, yalla.

Frage: Es ist Ihnen gelungen, war Ihnen vorher schon gelungen, als Sie das deutsche Fernsehen, das wir alle an Einfluß unterschätzen... Ich schlage vor, daß wir jetzt einmal ein paar Wortmeldungen hören, weil bei Ihrem temperamenten Kenntnisreichtum sonst hier wahrscheinlich bis hinten durchdringen.

Sie hatten sich jetzt als erste gemeldet.

PF: Wollen Sie dann dazu auch andere Fragen hören, die dazu gehören? Oder wollen Sie der Reihe nach hören? Sie können moderieren, wie Sie wollen.

Frage: Ich möchte zurückkommen auf die religiöse Ebene, von der Sie gesagt haben, wir wollen eigentlich nur Phänomene beschreiben, aber wir sind für mich doch in eine Auslegungsfrage hineingegangen. Die möchte ich nicht unwidersprochen lassen. Ich finde es schade, daß wir den so lebensnotwendigen Dialog, der zwischen allen Religionen nötig ist, daß Sie gesagt haben, die anthropologische Welt im Islam unterscheide sich so stark und das kann ich nicht unwidersprochen lassen. Sie sagten, der Islam spricht von der Rechtleitung des Menschen und das Christentum spricht von der Sündhaftigkeit und der Erlösungsmöglichkeit. Der erste Schöpfungsbericht sagt auch, daß der Mensch nach dem Bilde Gottes geschaffen ist und die Sündhaftigkeit ist ja für mich zu verstehen mit unserer existentiellen Freiheit und die Sündenfallgeschichte müssen wir jeden Tag durchleben und es steht auch nicht, daß der Lebensbaum als Prinzip der Rechtleitung nicht wieder zu suchen ist und Jesus ist ja gekommen, um uns diese Rechtleitung zu geben und viele nehmen sie nicht in Anspruch, weil wir diese Freiheit haben. Ich finde es schade, daß Sie diesen Unterschied so als maßgeblich hingestellt haben, so als Auslegungsfrage.

Anderer Sprecher: Herr Professor, ein Stichwort, sonst kommen wir nicht durch.

Anderer Sprecher: Eine Frage, und zwar, nach Ihrem hervorragenden Vortrag fühle ich mich fast genötigt zu konvertieren. Ich habe dazu einige Fragen. Erstens, wenn ich über den Kaiserplatz gehe und ich sehe dort vermummte Frauen gehen, möchte ich natürlich nicht, daß meine Frau so geht, mit dazu noch ein Silberpapier über der Nase, damit man auch wirklich nicht die Nase erkennen kann. Dann möchte ich natürlich auch nicht, daß meine Töchter beschnitten werden. Ich bin selbst Sozialmediziner, ich finde, es sieht bestialisch aus, wenn man das nachvollzieht und ich habe ein merkwürdiges Gefühl, wenn ich mir vorschreiben lassen soll und zwar von einem Ayatollah, ob ich Rushdie lesen darf oder nicht und wenn in Japan das jemand lesen möchte, dann wird der Übersetzer einfach ermordet. Und darauf sind Sie leider in diesem Vortrag nicht eingegangen.

Anderer Sprecher: Sie zielen mit Ihren Ausführungen auf Koexistenz ab. Das ist ein schönes Ziel und ich glaube, Sie hätten es vielleicht eher erreichen können, wenn Sie christliche Theologen, die schon seit Jahrhunderten Koexistenz wollen, erwähnt hätten. Ich denke daß in der franziskanischen Theologie solche Theologen zu finden sind bis hin zu Charles der Fouccault, daß man von Teize solche Strömungen aussandte. Warum haben Sie davon nichts gesagt?

PF: Haben Sie alles notiert? Ich vergesse sonst die Fragen.

Anderer Sprecher: Ich möchte im Nachtrag zu dem, was der fast Konvertierte eben gesagt hat, noch auf ein Problem eingehen, was hier für das Verhältnis zwischen dem Islam und dem Westen, davon ist ja heute abend die Rede, doch sehr relevant zu sein scheint und Sie haben in Ihrem sehr interessanten und in der Tat auch sehr bedenkenswerten Vortrag nicht angesprochen, nämlich die Tatsache, daß keines der islamischen Länder eine Demokratie ist in unserem westlichen Sinne. Meine Frage wäre, ob das möglicherweise religiöse Gründe hat, ob möglicherweise der Islam das, was wir politische Aufklärung nennen, usw. erschwert und daran anknüpfend möchte ich auch feststellen, daß wir hier im Westen jedenfalls häufig, und ich füge hinzu, zunehmend das Gefühl haben, daß die Menschenrechte in den islamischen Ländern nicht so gewährleistet sind wie hier bei uns im Westen, auf die Stellung der Frau ist hier schon einmal eingegangen worden und auch auf Salman Rushdie. Ein weiteres Stichwort wäre vielleicht auch die Zunahme der Schari’a in einzelnen islamischen Ländern, nicht nur im Sudan und im Jemen, sondern vielmehr auch in Pakistan. Das Strafrecht, das sharia hat ja in der Tat eine religiöse Dimension. Herr Professor, ich sage das nicht, um Ihnen zu nahe zu treten, ich glaube, das spiegelt doch viele Sorgen wieder, die wir hier im Westen zunehmend, gerade auch im Zusammenhang mit dem islamischen Fundamentalismus haben und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie hierzu ein kleines Wort sagen würden.

Anderer Sprecher: Jetzt haben sich zwar viele gemeldet, aber ergreifen Sie zwischendurch das Wort, sonst verliert sich’s. Anthropologischer Unterschied, kulturelle Unterschiede, Stellung der Frau, Salman Rushdie, Theologen, Demokratie, Menschenrechte, Sharia, Sie haben viele Stichworte.

PF: Ich möchte keinen tadeln, aber ich habe bereits wohlweislich die Weichen für die Antwort auf alle diese Fragen während des Vortrages gestellt und jetzt komme ich nach und nach dazu. Zu Ihrer Frage, die auch mir theologisch gesehen am wichtigsten erscheint. Darüber habe ich einen ganz ausführlichen Artikel geschrieben. Dieser ist in einer Zeitschrift von Herrn Kirste, Tworuschka und Schwarzenau herausgegeben worden und ich habe da in der Weise diese ganz ausführliche auseinandergelegt, ob die Christen und Muslime in einer Sprache reden oder aneinander vorbei reden. Ich habe und das gebe ich zu, zu schnell einen Punkt hier erwähnt. Das ist ein Thema eines Vortrages, das auch in keiner Weise die christliche Seite vernachlässigt hat. Mehr, wenn Sie so wollen diese zusätzliche christliche Seite, nämlich die Sündhaftigkeit und Erlösungsbedürftigkeit, das ist, was sich von dem Bild des Menschen, das der Islam hat, unterscheidet. Ich möchte nicht sagen, daß Hoda und Rechtleitung da nicht ist, im Gegenteil, im Koran wird auch der Sinn des Evangeliums als Rechtleitung bezeichnet, nein, hier ist dieser Kern und an diesem Kern kommen wir nicht vorbei. Daß das Christentum eine ganz besondere Besonderheit hat, weswegen dann auch Opfer, also die Menschwerdung Gottes, alles mögliche, was damit zusammenhängt, das fehlt im Islam und diese Notwendigkeit kommt nicht. Es tut mir leid, daß ich das nicht in dieser Ausführlichkeit hier sagen konnte, aber das widerspricht sich überhaupt nicht. Das war das Theologische. Jetzt komme ich zum Politischen und zu dem jungen Mann, der konvertieren wollte. Ich möchte Ihnen sagen, daß ich seit Jahren mit den Christen zusammenarbeite. Keinen einzigen Moment habe ich den Wunsch gehabt, daß die Christen, die mit mir arbeiten, über diese Probleme, Muslime werden. Keinen Moment. Warum? Ich meine, weil ich auch im Sinne des Koran die Verbindung des Menschen mit Gott zugrunde lege. Aber das war nicht Ihre Frage. Ihre Frage war ganz anders. Die Beispiele, die Sie gebracht haben, wie Stellung der Frau. Ich wußte, daß so etwas kommt, eine der Schriften, die ich mitgebracht habe, beschäftigt sich mit dieser Frage. Alle diese Beispiele, die Sie gebracht haben, das sind Sachen, die unter den muslimischen Völkern, aber nicht überall, zu sehen sind, wie z.B. Beschneidung der Frau. Das geschieht im Sudan, das geschieht in ein paar arabischen Ländern in Afrika, das ist absolut nicht islamisch.

Zwischenruf: 80 % aller islamischen Frauen sind beschnitten.

PF: Das ist ganz gelogen, was Sie sagen. Ich habe eine Zeitung, die sich damit beschäftigt von Ethnolgen in England, das sind die Länder, die ich sage, im Sudan am meisten, in einem Teil von Ägypten gibt es dies auch, ein Teil von Algerien, in Marokko gibt es das auch, aber in den islamischen Ländern, in Pakistan im Iran, in der Türkei gibt es diese Sache absolut nicht. Das sind die Sitten und Gewohnheiten, die mit dem Islam nichts zu tun haben. Jetzt schütteln Sie Ihren Kopf. Geben Sie mir Ihre Adresse, ich schicke Ihnen diese Untersuchung der Engländer in allen islamischen Ländern zu. Das was ich habe hängt auch mit der UNO zusammen. Das ist eine wissenschaftliche Zeitschrift, das schicke ich Ihnen. Sie können mir sagen, daß meine Mutter und Schwester beschnitten sind und Sie wissen es und ich weiß es nicht. Das ist unverschämt! Zu sagen, dass dies islamisch sei. Ich sage, es ist nicht islamisch. Die UNO schreibt das.

Anderer Sprecher: Ich glaube, man muß darauf hinweisen, daß sich diese 80 % vielleicht auf die Frauen beziehen. Man kann keine 80 % von islamischen Frauen (unverständlich )....

Anderer Sprecher: Meine Damen und Herren, ich bin Muslim, ich bin 46 Jahre alt, ich habe diese Sache, die Beschneidung der Frauen, zum ersten Mal gehört und darüber gelacht. Ich dachte, das ist nur ein Witz und daß es so ernst ist, habe ich in meinem Leben nie gehört. Glauben Sie es mir. Und das finde ich so unverschämt, daß man das macht. Ich bin Muslim, überzeugter Muslim. Mein Sohn wird auch in der nächsten Woche beschnitten. Ich habe zwei Töchter und meine Frau. Also, so etwas wird nie gehört in Afghanistan. Ich bin nicht nur in Afghanistan gewesen, ich bin im Iran gewesen, in der Türkei, in Deutschland, überall gewesen. Das höre ich, glauben Sie mir, zum dritten Mal oder zum zweiten Mal, das weiß ich jetzt nicht ganz genau.

PF: Das ist ethnologisch gesehen eine afrikanische Sitte. Dagegen hat man auch sehr viel getan und tut man noch und ich weiß auch und bin auch einer derjenigen, der ständig und überall dies als nichtislamisch ablehnt, damit es haben auch einige Frauenbewegungen in Afrika Projekte, wie man das macht und jetzt hören Sie mich, ich kenne seit drei Monaten ein marokkanisches Mädchen, die darunter gelitten hat, man hat mich gefragt, wie wir ihre Ehre (?) retten können und dann haben wir die Eltern gefragt, sie sagten, sie wüßten, daß es nicht erlaubt ist. Wir tun es aber, weil unsere Eltern und Großeltern sagen, um Gottes willen, warum hat man diese Beschneidung nicht vorgenommen. Das ist mehr in den kulturellen Bereichen, das sind bestimmte Bereiche, hauptsächlich im Sudan, aber auch in anderen Ländern und das geht dort auch mit der Zeit zurück. Bitte geben Sie sich Mühe, lesen Sie unsere Schulbuchanalyse. Diese ist nicht nur für Lehrer, sondern das ist für alle. Lesen Sie, das hat auch einen Index, alle diese Begriffe Stellung der Frau, meinetwegen Heiliger Krieg, meinetwegen alle anderen finden Sie diesen Büchern. Informieren Sie sich darüber, wieso die anderen Sachen, die leichter sind. Das Negative, darüber rede ich die ganze Zeit, daß man für Feindbilder sehr schnell Sachen aufnimmt, aber für das, was positiv ist, man sich keine Mühe gibt darüber etwas zu lesen. Diese Verschleierung der Frau, vor allen Dingen des Gesichtes ist völlig antikoranisch. Das machen die Araber, was kann ich dafür? Hier sehen Sie die Bilder der Mekkawallfahrt. Sehen Sie die Bilder Mann und Frau laufen um diese Kaaba herum. Die Frauen allen mit offenem Gesicht. Sie dürfen sogar die Gesichter nicht verdecken. Das sind Sitten und Gebräuche, das herrscht und das wird weiterherrschen. Das können sie auch nicht so schnell umändern. Sie können auch hier viele kulturelle Sache nicht umändern. Sehen Sie die Bilder von Jugoslawien, wie viele christliche Frauen dort mit Kopftüchern zu sehen sind. Gehen Sie nach Italien, gehen Sie in lateinamerikanische Länder. Das sind Bräuche der Völker, das mit der einen oder anderen Religion nichts zu tun. Was islamisch ist, ist, daß Mann und Frau bei der Kleidung sich nicht provozierend anziehen dürfen. Das gilt sowohl für den Mann als auch für die Frau. Der Mann und die Frau in der Gesellschaft sollen sich als Menschen begegnen und nicht als Sex-Objekt. Das ist islamisch, natürlich. Das gebe ich zu. Die Freiheit eines einzelnen wird dadurch eingeschränkt, aber das halt so der Fall. Ich beschönige nicht etwas, was in der Tat der Fall ist. Also zu Ihrer Frage. Wissen Sie, ich habe von Anfang gesagt, dieser Vortrag, der sich mit der ganzen Geschichte der Vergangenheit und Gegenwart und Zukunft beschäftigt, kann nicht auf alles zurückkommen. Ich habe aber immer wieder gesagt. Was für den Islam gilt, gilt auch für das Christentum, daß immer zwei parallele Richtungen miteinander liefen. ...war der erste, der versucht hat, diesen Gegensatz zu den Kreuzzügen, mit Dialog an Muslime heranzukommen. Infolgedessen gab es sowohl in Spanien, als auch in anderen Ländern, Menschen, die das getan haben. Ich habe auch gesagt, heute sind Leute, die, die Wahrheit sagen unter den Politikern, nur leider ist das was Meinung macht, ist das Negative. Kusaulus hat keine Schule gemacht, die Kriege gingen weiter. Die Männer, die Sie genannt haben, haben keine Schule gemacht, haben keinen Erfolg gehabt. Warum? Weil das Negative uns vielleicht immer kitzelt, reizt, das ist eine rein psychologische Sache, daß wir uns von den anderen abheben. Wir sind die Besseren, das gilt sowohl für die Muslime als auch für die Christen. Die Religionen Christentum, Judentum und Islam sind immer manipulierbar gewesen und sind und bleiben es. Sie werden instrumentalisiert. Herr Bush, über dessen Person ich sehr viel Gutes gehört habe und dem auch zustimme, sehr solide, sehr wirklich so und so und so, aber trotzdem Schaugebete. Sie machen Schaugebete, Saddam macht ein Schaugebet. Wir denken an unsere kollektiven Menschenrechtsverletzungen in Europa nicht, solange die Waffenindustrie, die Wirtschaft davon lebt, eine Waffe, eine Bombe, die in einer Minute 20 oder wieviele Tausend Menschen vernichten kann, kann man mir hier nicht einseitig von Menschenrechten reden. Kann Europa nicht die Leute, die Menschenrechte verletzen, überhaupt davon abhalten. Ich gebe zu, das ist auch Politik. Die kennen noch nicht diese Demokratie. Aber die Demokratie, die ich vertreten möchte, ist nicht Demokratie in Deutschland, ist nicht Demokratie in Frankreich, ist eine Weltdemokratie. Sind Sie bereit, die Menschenrechte in den hungrigen Ländern zu verteidigen? Sind Sie bereit, dann bin ich mit Ihnen. Demokratie ist heute eine Weltdemokratie. Wir können nicht hier alles haben und die Leute da sterben stündlich aus Not wieviele Hunderte von Kindern kommen um. Wir genieren uns, müssen wir uns auch im Westen genieren, dieses einseitige, von Politik getriebene heilige Wort "Menschenrechte" in den Mund zu nehmen als Waffen gegen diesen oder jenen und vergessen, was wir selbst sind. Ich habe gesagt, der Gott der Bibel ist der Gott der Liebe und der Gott der Armen. Verhalten wir uns danach? Verhalten sich die Christen danach? Verteidigen sie wirklich die Menschenrechte in diesem Sinne? Menschenrechte für Salman Rushdie oder sonst etwas, gut, ich gebe zu, wir haben auch damals alle getadelt für dieses Urteil in dieser Richtung, aber ich bin nicht bereit, die Mängel die hier sind und alltäglich ich erlebe in kollektiver, versteckter und systematischer Form zu vergessen und mich nur an diese Leute, die den einen oder anderen Gegner vernichten, heranmachen. Solange hier eine Weltdemokratie nicht besteht und Weltdemokratie kann und ich sage das, von bestimmten vernünftigen Menschen in Europa mehr in die Welt gesetzt werden, ich erwarte von den Europäern, diese Weltdemokratie einzuführen und ich warne Sie, nicht durch die Medien und nicht durch diese gezielt politisch geführten eigene Sachen zu vergessen. Ich gebe zu, die Demokratie in diesen Ländern wird vielleicht noch lange auf sich warten lassen, aber man redet z.B. von einer Wende, wir haben die Wende gesehen, einmal war der Iran ein Teufelsland und Saddam war unser Freund und plötzlich über Nacht wurde Saddam der Teufel und ich weiß immer noch die erste Rede, die Herr Bush gehalten hat, war eines der Tadelworte, die er gegen Saddam sagte: "Saddam hat 8 Jahre gegen ein islamisches Land gekämpft." Das hat Bush gesagt. Wer hat diesen Krieg geführt gegen ein islamisches Land und wo alle dann später sagten, daß der Krieg ist gar nicht von Saddam, sondern von Amerika. Ich glaube diesen politischen Jargon nicht, ich falle nicht darauf herein, ich sehe und nicht nur allein ich, ich weiß, daß sehr viele, die nachdenken, und zum Glück gibt es sehr viele, die nachdenken, mir geht es überhaupt nicht um Verteidigung, wissen Sie, für mich persönlich gilt die absolute Wahrheit oder Wahrheitsfrage überhaupt nicht. Sie sind vielleicht gegen mich, Sie sind gegen mich, das sollen Sie auch sein. Für mich gibt es überhaupt die absolute Wahrheitsfrage nicht. Für mich ist jeder, der sich tatsächlich intensiv bemüht mit Gott die Verbindung herzustellen, einfach gesegnet und geht seinen Weg und kommt zu seinem Gott. Ich bin kein Verteiler des Paradieses und der Hölle. Mir ist vollkommen egal, wer Christ, wer Jude, wer Muslim ist. Aber, es ist eine Tatsache da, auch selbst, wenn Sie meinen, der Islam sei eine falsche Religion, gut. Aber sie ist da. Die Religion ist da. Sie hat eine Milliarde Anhänger. Wir haben in Europa 20 Mio. Muslime. Wir müssen zusammenleben. Die Frage, ob die Leute da beschnitten oder nicht beschnitten werden, rettet uns nicht von der Aufgabe oder von der Verantwortung, daß wir Christen und Mulime in Europa zusammen leben müssen. Im Gegenteil, diese Sachen hindern uns daran, hier in Europa eine Koexistenz herbeizuführen. Entschuldigen Sie bitte, meine Damen und Herren.

Anderer Sprecher: Der evangelische Arbeitskreis hat für einen bewegten Abend gesorgt. Wir haben noch viele Wortmeldungen.

Anderer Sprecher: Herr Professor, Sie haben sehr klar die verschiedenen Bereiche getrennt, aber Sie wissen ganz genau, daß die verschiedenen Lebensbereiche ineinander verzahnt sind und Sie haben so getan, als ob gerade im Islam der Staat und die Religion absolut getrennt ist. Sie ist aber sehr stark miteinander verbunden, so stark wie das im europäischen Bereich umgekehrt nicht der Fall ist. Das ist eine Frage, die ich gerne stellen möchte und noch eine zweite Bemerkung, ich höre sofort auf, ist die These: das Feinbild erklärt die Geschichte. Die kann ich nicht teilen.

PF: Ich habe auch nicht das Feinbild erklärt die Geschichte gesagt, aber..

Anderer Sprecher: Es ist wohl so, daß wir immer Feindbilder produzieren müssen. Und warum frage ich mich. Nicht, weil es die Geschichte gibt und weil es den Islam gibt und die Christen gibt, sondern, weil wir zufällig beide Religionen in Gut und Böse denken. Und ich frage da den Theologen: Könnten wir uns da nicht mal auf einen Konsens einigen? Solange wir nämlich an den Bösen glauben, ist es sehr schwierig, keine Feindbilder zu produzieren. Im Grunde interessiert uns der Böse im Jenseits nicht, uns interessiert er immer nur hier. Bei uns und den anderen. Und da wir immer gerne die Schuld auf den Anderen schieben, muß es der Andere sein. Ich meine, da müßte man einen Theologen fragen. Was sagt er dazu?

Anderer Sprecher: Eine kurze Frage. Die Überschrift Ihres Vortrages lautet: Islam und Westen. Die Unterstützung des Westens, unabhängig...sehen Sie das als ein Hemmnis...

PF: Noch einmal.

Anderer: Die Unterstützung des Westens an Israel. Eine Unverschämtheit. Sie wissen, was in Israel passiert... dass die Menschenrechte mit Füßen getreten werden, daß der Westen trotzdem unbeschränkt einen...sehen Sie darin ein Hemmnis für den Dialog zwischen Christentum und Islam?...

Anderer Sprecher: Erlauben Sie mir, noch einmal zu den religiösen Fragen zurückzukommen. Das ist die Frage nach Jesus Christus. Sehen Sie, da macht mir eine ganz praktische Frage große Schwierigkeiten. Ist er der Sohn Gottes oder ist er das nicht?

PF: Nein.

Anderer:... bei dem also auch muslimische Partner dabei sind, so konkret geht das dann vor Ort. Nur, um das einmal an einem weiteren Beispiel zu verdeutlichen. Gerade im Bereich der evangelischen Kirche. Ich habe heute morgen eine Kirchenausschußsitzung hineingenommen, wo es sogar darum geht, ob man nicht noch weitergehende Verständigungsbemühungen zu den Muslimen unternehmen kann. Wir haben in Duisburg einen Arbeitskreis. Man beschwert sich dann doch, wenn sie mit folgenden Problemen konfrontiert werden vor Ort. Wir haben in Duisburg einen Stadtteil, der zu 2/3 türkische Bevölkerung hat, 5 Moscheen und 2 Kirchengemeinden, eine evangelische und eine katholische. Da wird nun folgendes festgestellt, seit Beginn dieses Jahres. In der Schule, die dort ist, hat man einen türkischen Lehrer, der als Verbindungslehrer von der Schule zu den Moscheen fungiert. Der Lehrer geht links aus dem Moscheenkapitol und seine Familie mit dazu, wenn er diese Arbeit fortsetzt. Ein zweites Phänomen: Zu Beginn dieses Jahres wird auf kirchlicher Ebene eine, wir würden im weitesten Sinne sagen, ökumenische Besprechung abgehalten mit einem Vertreter der Moschee und der beiden Kirchengemeinden. Und da wird dann von Seiten der Moschee geantwortet: Was soll das eigentlich? In wenigen Jahren sind doch ohnehin Kindergärten und Schulen...Was soll man dann überhaupt noch darüber sprechen. Während des Ramadan äußert der Khodscha bei den Gebetsversammlungen, die Christen hätten jetzt Zeit genug gehabt, sich zum Islam zu bekehren und jetzt müsse man... Das zeigt sich dann kurz vor den Schulferien, den großen Ferien, wo eine Gruppe von Schülern direkt aus der Moschee heraus sozusagen vor das große Kreuz, das sich im Pfarrgarten der katholischen Kirchengemeinde befindet und es bespuckten. Die beiden Kirchengemeinden, evangelisch, wie katholisch, haben ihre Hände weit ausgestreckt. Für die türkischen Kinder machen sie Schulaufgabenbetreuung. Die Kinder dürfen neuerdings nicht mehr zu der Schulaufgabenbetreuung hingehen. Wenn sie das dennoch machen werden sie dafür gezüchtigt. Sie müssen erst nach Hause gehen, damit sie sagen können, ich bin nicht von da gekommen... Sehen Sie, das sind Phänomene, ich bitte um Verständnis, Herr Professor, das ist nicht irgendwo fern aus der Geschichte gegriffen...sondern das wird hier ganz konkret vor Ort vollzogen. Und das beschwert uns. Das beschwert uns deswegen so sehr, weil wir unsere Hände ausgestreckt haben und weil aber ich gebe ganz offen zu: Wenn diese Phänomene zunehmen, können wir nichts mehr tun. Hier ist deutlich gesagt worden: Wir sind nicht ausländerfeindlich, aber wir haben Angst, die Deutschen, die dort wohnen haben Angst.

Sie haben eben gesagt, da werden Feindbilder produziert... wo wird denn diese Tendenz produziert.. hier muß auch von den einsichtigen muslimischen Kräften deutlich entgegengewirkt werden, sonst werden wir die von uns allen eigentlich gewünschte Verständigung nicht bekommen.

PF: Das ist klar, das ist ganz richtig.

Anderer Sprecher: In dem Zusammenhang, Sure 47 sagt etwas aus über die Ungläubigen. Ist nach dem Verständnis des Islam ein Christ ein Ungläubiger? Da muss die Rübe runter... Kölner Stadtanzeiger...

Was hat es nun auf sich.

PF: Ich fange dann hier an, weil es konkrete Fragen sind und gemeinschaftliche. Wenn wir alleine zusammen uns darüber unterhalten hätten unter vier Augen, hätte ich Ihnen eine ganz andere Antwort gegeben. Aber jetzt sage ich allgemein die Antwort. Uns ist oder mir das Problem bewußt, daß die islamischen Gemeinden hier von unterschiedlich qualifizierten Leuten vertreten werden. Wir haben in Deutschland Imame sozusagen, die in der Ausbildung ziemlich schwach sind, 3- 4 Jahre Ausbildung, sie müssen normalerweise Abitur haben, manche haben überhaupt kein Abitur, die bestimmt Sachen gelernt und nach diesem Schema sich verhalten. Wir haben aber dagegen auch sehr viele Vereine, die tatsächlich den Dialog suchen und den Dialog führen. Am Kirchentag, sowohl katholischen als auch evangelischen sehen Sie Leute, die kommen und Dialog führen und suchen, aber eins möchte ich sagen. Da bestätige ich Ihre Befürchtung, diese Befürchtung habe ich, genau als ob ich Sie wäre, bei einer internationalen islamischen Tagung in Koblenz zum Ausdruck gebracht mit folgendem, indem ich den älteren Leuten gesagt habe, die jüngeren Muslime müssen die Sprache ihrer Umwelt kennenlernen. Die Sprache ist nicht die deutsche Sprache, nein, die Denksprache hier müssen sie kennenlernen. Sie müssen lernen, ihre eigene Religion in dieser Kategorie, die, die Umwelt von uns verlangt, zum Ausdruck zu bringen. Das gehört zu dem, was ich gesagt habe. Wir müssen gemeinsam und planmäßig vorgehen. Auf der islamischen Seite ist viel mehr Defizit als auf der christlichen, das gebe ich zu. Das ist eine Sache, ich habe den Organisationen wie, zwei große Organisationen haben wir in Köln, die jeweils 200 oder mehr als 200 kleine Gemeinden unter sich haben. Ich habe vorgeschlagen, daß die Imame sich einmal sammeln. Ich werde 2 Tage lang mit diesen Imamen über diese Probleme reden, denen beibringen, was sie hier sagen, dieses Feindbild Christentum. Ich habe dies selbst gesagt, von denen abgewöhnen. Und ich kann sagen, daß unsere Schulbuchanalyse manchen dahin gebracht hat, die gegen Christen waren, als sie sich mit diesen Sachen beschäftigt haben, sehen jetzt das Christentum und sehen die christlichen Gruppierungen ganz anders und ich bin auch sehr glücklich darüber, das ist ein Erfolg, das ist eine Arbeit, die wir bei den Muslimen vornehmen müssen und das werden wir auch tun, das gehört zum Alltag und das gebe ich zu. Dann können Sie in solchen Fällen meine Adresse, an die Akademie oder die Uni Köln, können Sie schreiben, wir können auch, gerade in Duisburg haben wir so viele Gruppen, die Dialog führen, einige Gruppen, die von Damen geführt werden, Frauen, die Theologie studiert haben, die in Duisburg tätig sind. Mit denen kann man Kontakt aufnehmen, aber Sie können nie garantieren, daß Sie alle Gruppen dazu bringen können. Dafür ist das unterschiedliche Level der Ausbildung und Herkunft dieser Imame zu groß. Das war zum einen. Aber zu diesen kofr und Ketzer. Im Koran haben wir dieses Wort "kofr" was man mit Unglauben übersetzt. Das ist genauso unterschiedlich zu bewerten je nach dem Bezug des Objektes wie auch der Islam auf der anderen Seite. Unglaube kann sich einmal auf Gott beziehen, kann sich auf das Jenseits beziehen, kann sich auf die Prophetie von Muhammad beziehen. Das besagt aber dieser Unglaube nicht, daß die Ungläubigen auch im Sinne der Ungläubigkeit gleich sind. Ich habe für diese Frage die Weichen schon gelegt und gesagt, daß am Ende des Lebens von Muhammad Sure 5,5 wird die Tisch- und Ehegemeinschaft mit den Schriftbesitzern als Gebot vorgetragen. Mehr kann man vom Koran nicht erwarten. Ich habe aber den Grund der Feindseligkeiten zwischen Christen, Juden und Muslimen im Laufe der Geschichte bereits erwähnt, wie die Politik, die Machtsucht, auch von islamischer Seite, ich habe gerade gesagt, ich habe von der islamischen Seite angefangen, meine Damen und Herren, seien Sie doch gerecht, daß ich die Teile, die ... das andere also bevorzugt habe. Wir müssen heute die Phänomene der Geschichte aufarbeiten, in eine richtige Bahn bringen, statt diese alte bewußt negative Punkte immer wieder zu wiederholen und zu sagen, das war so, dann geht es nicht. Nein, das war so, das kann aber anders gehen. Ich habe für die Frage der Aufklärung oder sonst etwas, zum Strafrecht oder anderen Sachen schon zu Beginn des Vortrages gesagt, die Aufklärung des Islam hat schon anfangs angefangen und nachher ist sie in das Dogma zurückgeworfen worden. Nach der Entstehung der vier verschiedenen Schulen. Die Schulen, diese Rechtsschulen wurden dogmatisch aufgefaßt. Diese frühere Aufklärung kann wieder so kommen. Das sind Sachen, in der islamischen Welt gibt es sehr viele Dinge, die wir heute überhaupt nicht akzeptieren können und überhaupt nicht islamisch begründet sind. Die sind periodisch zu verstehen, sind aber zu korrigieren. Ich vertrete die Meinung, solange wir warten hier in Europa bis die islamische Welt draußen so ordentlich ist wie wir es gerne hätten, dann müssen wir lange, jahrhundertelang vielleicht warten. Es geht darum, die Muslime, die hier in Europa sind, in einer ganz anderen Umwelt, in einem ganz anderen Kulturraum mit ganz anderen Werten, beizubringen, dass sie ihre Grundwerte in diesem Raum zu artikulieren haben. Erst dann gibt es eine vernünftige Koexistenz. Diesen Weg sehe ich erreichbar, wenn es auch 20 Jahre dauern wird. Ich habe durch meine Schulbuchanalyse in ganz Europa gesehen, daß von Tag zu Tag, auch selbst bei den Muslimen, Verständnis... für einen den Islam. Das bedeutet nicht, daß man die Christen zum Islam bekehrt, nein, der Muslim muß in der Lage sein, in der abendländischen Umwelt in der Kategorie und Begrifflichkeit des Abendlandes seine eigenen Werte zu... Das bedeutet nicht, daß er auf seine eigenen Werte verzichtet. Das bedeutet, daß die Werte erst Anknüpfung finden an die Werte, die wir hier haben. Man kann die islamischen Werte meinetwegen an die Dichtung Dschalaleddin Rumi oder...oder so was anknüpfen, hier können wir an Goethe, Schiller o.a. ... Das geht, das muß planmäßig sein, deswegen sage ich, das ist auch nicht einseitig. Die Verantwortlichen, sowohl Muslime als auch Christen können sich dafür stark machen. Das geht. Ich bin seit 30 Jahren in diesem Geschäft, ich kann den Unterschied tagtäglich sehen. Vor 30 Jahren konnten wir auf diese Weise noch gar nicht zusammen— sitzen. Vor 30 Jahren galten die Muslime in Europa als Heiden. Man konnte mit Muslimen überhaupt nicht zusammensitzen. Man hatte im Hinterkopf, ach der Arme, der kommt in die Hölle, heute ist das ganz anders. Die Zeit spielt zu unseren Gunsten, wenn wir guten Willen haben. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, suchen Sie nach positiven Wegen. Die Probleme, die Sie gebracht haben, sind auch in den islamischen Ländern Probleme, auch viele Muslime sehen dies so und sind dagegen. Aber wir brauchen hier im Abendland eine verständnisvolle Eintracht. Dann kommen wir weiter.

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